Bürgerversammlung am 1. August 2024 in der Stuifenhalle zum Thema „Aufarbeitung Hochwasserereignis in Waldstetten und wie kann die Bürgerschaft besser Vorsorge treffen“
Wir gehen jetzt in das Starkregenrisikomanagement
„Auch wenn es ein Placebo-Effekt ist, werden wir im September auf Empfehlung von Wolfgang Mayer den Bach auf einem Teilabschnitt zwischen Heimatmuseum und Postbrücke ausbaggern. Wir gehen auch in die Planung eines Starkregenrisikomanagements“, so das Resümee von Schultes Michael Rembold am vergangenen Donnerstag vor über 100 Zuschauern in der Stuifenhalle. Dem vorausgegangen waren drei aussagekräftige Vorträge von Waldstettens Ortsbaumeisterin Maren Zengerle, Wolfgang Mayer vom Geschäftsbereich Wasserwirtschaft beim Landratsamt Ostalbkreis sowie Petra Weber, Leiterin des Resilienzzentrums Ostalbkreis.
Maren Zengerle stellte mithilfe Ihrer PowerPoint-Präsentation die Hochwassergefahrenkarten und das Waldstetter Hochwasser am 2. Juni diesen Jahres einander gegenüber. Darin enthalten waren die Überflutungsflächen eines statistisch alle zehn, alle 50, alle 100 Jahre auftretenden Hochwassers sowie eines Extremereignisses, wie es Waldstetten in eben dieser Nacht vom 2. auf den 3. Juni ereilte. Ein großes Thema waren dabei die Brücken entlang des Waldstetter Baches. Mithilfe deren Querschnitte zeigte die Ortsbaumeisterin auf, wie der normale Wasserstand und aktuelle Querschnitt des Wasserbettes ist und welche Fläche maximal noch möglich wäre, da alle Brücken zwischen dem Heimatmuseum und dem Steg hinterm Getränkeparadies Meyer überflutet waren: „Die Sohlhöhe war fünffach überhöht“, betonte sie dabei. „Eine Ausbaggerung des Baches würde nur punktuell zu sehr geringen Entlastungen führen und wird ein Hochwasser in der Ortsmitte bei ähnlichen Wassermengen nicht verhindern“, so ihr ernüchterndes Fazit.
Wolfgang Mayer betrachtete das Hochwasser in Waldstetten aus Sicht der wasserwirtschaftlichen Unterhaltung. So soll die ökologische Funktionsfähigkeitder Gewässer erhalten und gefördert werden. Dazu gehört, dass Bäume die Ufer sichern und vor Erosion schützen und jeder Hang bei einem Gewässer einer Einzelfallbetrachtung unterzogen werden muss, um zwischen verschiedenen Zielen abzuwägen. Er betonte, dass kein Schutt, Grünabfall, Kompost, Strohballen oder Holzlager im Gewässerrandstreifen gelagert werden dürfen: „Im Hochwasserfall können diese Materialien abgeschwemmt werden und führen dann an Engstellen zu einer Verstopfung. Durch den Rückstau kommt es dann zu Überflutungen. Wer den Gewässerrand nicht von solchen Materialien freihält, schädigt sich selbst und andere.“ Auch Bauten, die zu nahe am Gewässer stehen, können im Hochwasserfall Hindernisse für das abfließende Wasser darstellen und dadurch einen Rückstau verursachen. Künstliche Uferbefestigungen (Mauern) sind nur in Ausnahmefällen und stets in Abstimmung mit der Gemeinde und dem Landkreis zulässig. Nur fachtechnisch richtig ausgeführte Maßnahmen helfen langfristig weiter. Auch er betonte, dass Hochwasser durch Ausbaggern nicht zu verhindern gewesen wäre. Wir hätten das doppelte an Bachvolumen benötigt, so Mayer.
Petra Weber erläuterte die Möglichkeiten einer privaten Überflutungsvorsorge. Rückblickend auf 183 Jahre, in denen 8 Ereignisse und somit alle 23 Jahre ein Hochwasser zu verzeichnen waren, nahm sie den Klimawandel unter die Lupe. So gab es zwischen 1881 und 2022 einen Lufttemperaturanstieg um 2,3°C. „Bei jedem zusätzlichen Grad Lufttemperatur kann die Atmosphäre 7 Prozent mehr Wasserdampf aufnehmen, was somit zu mehr Regen führt. Analysen der Temperaturanomalie der Oberflächentemperaturen am 31. Mai 2024 zeigen für den gesamten Mittelmeerraum deutlich höhere Temperaturen als im langjährigen Mittel.“ Daher beinhaltete ihr weiterer Bericht unter anderem, welche Eigenvorsorge die Bevölkerung für den Fall einer Überflutung treffen kann. An erster Stelle stehe die Informationsvorsorge mit der Frage "bin ich überhaupt betroffen?". Beispielgebend dafür nannte Weber aussagekräftige Straßennamen wie Quellweg oder Brunnengasse und zeigte anhand von Bildern, wie beispielsweise am Waldstetter Heimatmuseum mit einer Gedenktafel an das Hochwasser 1841 erinnert werde. Und sie betonte: "Es gibt keinen absoluten Schutz vor Überflutungen, aber mit einer wirksamen Vorsorge können Schäden vermindert werden, im besten Falle vermieden!" Im Weiteren zeigte sie verschiedene Möglichkeiten, wie Wasser zum Haus und ins Haus gelangen kann. Als bauliche Vorsorge nannte sie unter anderem druckwasserdichte Türen am Haus- und Kellereingang, Alupaneele und Modulsysteme für Haustüren sowie ein Dammbalkensystem für Garagen. Dabei sei vor allem vorab zu hinterfragen: Kann das eine Person in Kürze aufbauen, wenn das Hochwasser kommt? Bei allen drei Varianten können Führungsschienen in oder vor einer Laibung eingesetzt und die einzelnen Paneele bzw. Module schnell eingeschoben werden. Für Tiefgaragen empfiehlt sich hingegen ein Klappschott, wie er im zukünftigen Rathaus eingebaut wird. Auch verschiedene System für Kellerfenster zeigte Weber auf. Die Sicherung von Heiztanks sowie erhöhte Positionierung von Anlagen und Material im Keller empfahl sie. Unter dem dritten Punkt Verhaltensvorsorge ging die Referentin auf Straßeneinläufe, Leistungsfähigkeit von Gewässerverrohrungen sowie die Fehler mancher Gewässeranlieger ein. Doch zur Verhaltensvorsorge gehören auch persönliche Alarm- und Einsatzpläne, eine Dokumentenmappe, Notgepäck und Notvorrat.
Abschließend bot Weber allen vom aktuellen Hochwasser Betroffenen sowie Anliegern von Bächen eine kostenlose Objektbeurteilung an. Kosten dafür trägt zu 100 % die Gemeinde. Die Anmeldung dazu nimmt das Ortsbauamt entgegen.
„Sobald die Grundlage der Planung vorliegt, wird untersucht, wo Treibgut vor bebautem Gebiet durch Rechen abgefangen wird oder der Bau von Schutzmaßnahmen Sinn macht“, schloss Schultes Michael Rembold die Bürgerversammlung. Fix hingegen ist schon, dass für das Frühjahr 2025 eine Gewässerschau terminiert ist.