Waldstetten (Druckversion)
Autor: Frau Herkommer
Artikel vom 19.11.2017

Feierstunde zum Volkstrauertag am 19. November auf dem Waldstetter Friedhof

Die Hand zur Versöhnung reichen

Sich mit den beiden Weltkriegen auseinandersetzen und die vielen Einzelschicksale, die dahinterstehen, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, war eine der Botschaften, die die Redner bei der Feierstunde zum Volkstrauertag überbrachten. Im Fokus stand aber vor allen Dingen das Wort „Versöhnung“ – denn die Hand zur Versöhnung zu reichen, das ist auch nach Jahrzehnten noch möglich, wie Schultes Michael Rembold und Paul Lerchenmüller deutlich machten. 

 

Der Waldstetter Bürgermeister blickte sowohl zurück in die Zeit des Zweiten Weltkrieges als auch in die Gegenwart. Er erzählte von einem Briefschreiber im Bunker in Russland, der von seiner Trostlosigkeit im -35 Grad kalten Russland erzählte, versetzte die Anwesenden in die Eltern, die in den Kriegsjahren ihre Kinder am Bahnsteig verabschieden mussten. In eine ungewisse Zukunft, nicht wissend, ob sie sie wiedersehen werden. Er dankte den Chronisten der Gemeinde, die unsere Vergangenheit aufarbeiteten und festhielten und somit die 252 Waldstetter Einzelschicksale unvergessen machen. Versöhnung habe für ihn eine große Bedeutung. Und dass „Worte viel zerstören können“, so der Schultes. Wie beispielsweise Donald Trump’s Aussage „America first“: Das sei ein Schlag ins Gesicht für uns. Auch die Raketentests der Nordkoreaner beobachte er angsterfüllt. 

Dass sich aber auch die aktuelle Schüler-Generation mit den Weltkriegen auseinandersetzt, zeigten Philipp Rieg, Katrin Salov, Konstantina Azntaridov und Denise Ende, fünf Neuntklässler der Gemeinschaftsschule Unterm Hohenrechberg. Sie erzählten in der Aussegnungshalle die Geschichte einer stehengebliebenen Uhr, die ebenso zum Nachdenken anregte wie das Gedicht „Alle Tage“ von Ingeborg Bachmann, das ihre Klassenkameradin Alexandra Zsiga am Ehrenmal rezitierte. 

Paul Lerchenmüller berichtete von einer Begebenheit, die ihm 1964 widerfahren war, als er – damals noch in Tauberbischofsheim ansässig - mit 40 Begleitern zu einem Kriegsgräbereinsatz nach Frankreich gefahren war. Eine kräftezehrende Arbeit forderte sie – und ein mürrisch dreinblickender älterer Herr war ihr ständiger Beobachter. Dieser Mann hatte Schlimmes im Zweiten Weltkrieg ertragen müssen: Den sinnlosen Tod seines Sohnes, erschossen von deutschen Soldaten, und seine anschließende Verschleppung in ein deutsches Konzentrationslager. Sein Hass auf die Deutschen war verständlicherweise sein groß. Und doch ging er am letzten Arbeitstag der Gruppe auf Paul Lerchenmüller zu und reichte ihm die Hand der Versöhnung: „Wir waren sprachlos, aber aus unseren Herzen sprach Freude“, so der Redner in der Aussegnungshalle. 

Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde vom katholischen Kirchenchor unter der Leitung von Walter Beck in der Aussegnungshalle sowie dem Blechbläserensemble des Musikvereins Waldstetten am Ehrenmal, dessen musikalische Leitung Simone Gruber obliegt. Den feierlichen Gang dorthin begleiteten 12 Vertreter der örtlichen Jugendfeuerwehr mit Fackeln sowie zwei Fahnenabordnungen und eine stattliche Zahl an Besuchern zu Ehren der im Ersten und Zweiten Weltkrieg gefallenen Waldstetter Bürger.

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